Gudenau & Lilleau

vom 18. - 20.09.2004

Durch unsere Fischerferien am Kaitum/Lappland auf den Geschmack gekommen, begannen schon früh in diesem Jahr die Träume von einem neuen Angelziel zu fruchten.

 

Bei einem Angelnachmittag am Greyerzersee mit wenig Betrieb und viel Zeit für die neuste Ausgabe des Fliegenfischens zu durchforsten, fiel uns ein Bericht zur Gudenau in Dänemark ins Auge. Titel: Göttliche Gudenau. "Da fängste Lachse ohne Ende mit kleinem Budget" - da müssen wir hin !

 

Wir sind den Bericht etliche Male durchgegangen, im Internet begann die Suche nach einer Unterkunft, nach Tipps von anderen Anglern usw.

 

Am 18. September begann dann unser Trip.

 

Alles war gebucht und wir packten alles, aber wirklich alles (!!!) was unsere Fischertruhen hergaben, ins Auto und los gings Richtung Lörrach.

 

Dort gings in den Autozug gegen Hamburg - kann ich nur empfehlen, sehr entspannend (ausser man hat zwei Walküren Mitte fünzig im Abteil nebenan, die einem die ganze Nacht auf Trab halten). Na ja, wir haben's überlebt und am nächsten Morgen in Hamburg angekommen.

 

Im Vorfeld hatte ich Kontakt mit Karsten Birk Iversen, der uns das Haus seiner Eltern als Unterkunft vermittelt hat. Eine Woche für DKR 2400 (evtl. nicht mehr ganz aktueller Preis) war ein super Angebot, vorallem als wir dann das Haus sahen. Alles vorhanden, sehr sauber, beste Lage. Hier die Adresse: Karsten Birk Iversen Stationsvej 39 Stevnstrup 8870 Langaa Mobile: 0045 28 73 69 37 email

Wir stürzten uns in die Wathosen und fuhren umgehend an die Gudenau. Der Fluss, resp. die Au beeindruckte uns.

 

Rolando montierte umgehend einen Wurm und versuchte zu ergründen was für Fische in der Au sich befinden. Leider ohne Erfolg.

 

Der Regen wich dem Sonnenschein und umgekehrt. Die Temperatur war kühl und die Trampelpfade der Mitfischer breit und tief. Na, egal, scheint jedenfalls erfolgsversprechend zu sein.

 

Wir fischten die ersten 4 Tage ununterbrochen. Mit Wurm, Löffel, Spinner, Fliege, Tubenfliegen - ohne Erfolg. Es war so langweilig, dass wir begannen, die Würfe zu zählen, frei nach dem Motto "pro 1000 Würfe ein Fischkontakt". Tausend Würfe sind eigentlich in erstaunlicher kurzer Zeit gemacht (wenn man 12 Stunden am Wasser steht und permanent fischt). Aber leider blieb jediglicher Erfolg aus. Wir wechselten unser Motto auf: "Die Hoffnung stirbt zuletzt". 

 

Ab und zu sahen wir einen der dänischen Fischerkollegen mit einem schönen Lachs oder einer schönen Meerforelle, zum Ärger von uns beiden. Wirklich, wir gönnten es jedem, aber so was von gegönnt haben wir den Jungs ihre Fische! HEUL !!!! Es gab auch kein Rezept. Wir spionierten beim Feind, mussten aber feststellen, dass die Jungs genau mit dem gleichen fischten wie wir. Also blieb uns nichts anderes übrig als den erfolgreichen Fischern ihre Fänge zu gönnen und am Abend frustriert und abgeschlagen nach Hause zu gehen.

Zu allem Überdruss erwartete uns ein Nachtleben in Randers, da träumen nicht einmal Seemänner davon.

 

Beginnen wir einmal mit dem Nachtessen. Irgendwie war ausser Saison oder was auch immer, jedenfalls waren mehr als die Hälfte der Restaurants geschlossen. Die die noch offen hatten, waren entweder unheimlich überteuert oder dann ungeniessbar.

 

Etwa am dritten Abend haben wir einen Chinesen gefunden, bei dem Preis und Leistung stimmte. Von da an war das unser Stammlokal. Am Abend No. 6 begrüsste und verabschiedete uns mittlerweile das gesamte Personal mit Händedruck. Das Essen war wirklich ausgezeichnet, aber wenn wir so gegen Mittag mit leichtem Ziehen in der Schulter und 5000 Würfe später daran zu denken begannen, dass auf uns am Abend schon wieder China-Pfanne erwartet, dann war bei uns beiden jeweils der Moment eines unglaublich grossen Heimwehs gekommen.

 

Aber nix da ! Weiter geht's ! ach ja, ich vergas - das Nachtleben, ausser dem Essen: dunkle einsame Strassen, geschlossene Discos, offene Fish & Chips Buden, einfach der Hammer. Das brachte wiederum den Vorteil, dass wir am Morgen jeweils gut und früh zu den Federn rausgekommen sind.

 

Wir waren hart - wirklich ! Wir haben oft selbst über uns gestaunt, schon wieder um 07.00 Uhr an der Gudenau zu stehen und zu "lochen" was das Zeug hält.

 

An einem Tag hatten wir auf der Karte einen See erspäht, den wir als "vielversprechend" für wenigsten einen Zander oder ein Egli oder gar Hecht hielten - einfach mal ein Fisch fangen - heul !!!

 

Wir fuhren hin! Eine kleine Strasse, sie war zwar mit zwei Fahr- und Fischverboten beschildert, führte uns an den See. Der Weg führte uns durch ein Wäldchen, welches voller Fliegen- und Steinpilze war. Aber wir waren ja nicht zum Pilzlen gekommen, also weiter gings ! Fisch muss jetzt gefangen werden - Punkt, Schluss !

 

Plötzlich kam uns ein weinroter Golf I entgegen. Wir machten brav Platz zum Kreuzen und als der Wagen auf gleicher Höhe war, gestikulierte der Fahrer wild. Ein kleiner Dackel im Fond gab auch gehörig laut. Der Fahrer war in edlem Jagdgrün gekleidet, was uns verständlicherweise ganz und gar nicht gefiel.

 

Also, Programm Tourist: so tun wie man nicht versteht, was von einem verlangt wird und einfach weiterfahren. Ein Blick in den Rückspiegel zeigte jedoch, dass es der Herr Oberaufseher ernst meinte. Er legte kurzerhand den Rückwärtsgang ein und fuhr uns hinterher.

 

Stufe 2: Einleiten der Flucht - mehr Gas ! Ich dachte mein Volvo hätte Dampf, doch wusste ich gar nicht, wie schnell ein Golf im Rückwärtsgang sich fortbewegen kann. Und es war ein Waldweg... Der Dackel machte uns beiden am meisten Eindruck. Das Getriebe des Golfs hatte wahrscheinlich die gleichen Schneidezähne wie der Dackel. Nach geraumer Weile gaben wir auf. Ich trat auf die Bremse und lies den Golf näherkommen. Der Aufseher stieg aus, hochroter Kopf, Stechschritt in Richtung Schweizer ! Wir stiegen auch aus - er zeterte und gab uns zu verstehen wieder einzusteigen. Dann gab er Zeichen, den Kofferraum zu öffnen. Er untersuchte alle unsere Sachen - öffnete jede Tasche, löste gar die Innenabdeckung meines Kombis (und ich dachte mir noch, wie ich das wieder zusammen kriege...) 

 

Irgendwann begriffen wir, dass er uns als Wilderer deklariert hatte und uns nach Waffen und gewildertem Wild durchsuchte. Dann wechselten wir ein paar Worte (er sprach ein paar Brocken Deutsch) und er gab uns zu verstehen, dass wir ihm folgen sollen.

 

Wir wendeten (Grüsse an den Waldweg) und fuhren ihm nach, bis zu einem Bootshaus am See.

 

Dort trafen wir ein bizarres Bild an: Aufgespiesste ausgetrocknete Hechköpfe. Ich dachte, jetzt kommt dann gleich Mel Gibson um die Ecke und macht uns den Mad Max.

 

Wir stiegen aus, der Aufseher stieg aus, der Dackel stieg aus - und Rolando und ich stiegen gleich wieder ein - ein solcher Dackel gehört in ein Kampfring - aber nicht in die freie Wildbahn. Mann, Mann, Mann - die Simms-Hosen waren gerade neu !

 

Nach einigen kurzen Befehlen von Herrchen gab der Dackel Ruhe und verzog sich. Wir stiegen wieder aus und dann geschah etwas seltsames mit unserem Aufseher. Er bot uns zwei Bier an, war freundlich, bat uns in das Bootshaus und sprach mit uns wie mit zwei alten Freunden. Wir wissen bis heute nicht, was der Ausschlag seines Sinneswandels war. Nun denn, er zeigte uns Aufzuchtbecken voll mit Aalen, nahm einen hinaus, zeigte uns wie man einen Aal richtig hält, erzählte von der Lachsaufzucht in der Gudenau usw. War sehr interessant.

 

Er erzählte uns auch von seinen Wildsau-Jagden in Deutschland und Ungarn.

 

Dann kam noch eine Showeinlage. Er nahm einen Aal aus dem Becken, legte ihn auf den Boden und gab dem Dackel den Befehl "Angriff". Der Dackel, ausser sich, stürzte sich auf den Aal und zerbiss ihn. Ich war mir sicher, ich sah ein Blitzen in den Augen des Aufsehers !

 

Er lud uns ein am nächsten Tag mit ihm auf dem See Aale zu fischen und er wollte uns ein Jahrespatent beim Fischereiverei in Randers verschaffen. Wir lehnten danken ab, da wir ja nur eine Woche hier verbringen werden. Irgendwie waren wir beide froh, als wir uns verabschiedeten und dem Aufseher und seinem Dackel ein schönes Leben wünschten. Ich habe wohl in meiner Vergangenheit zuviele Filme von Quentin Tarantino oder Michael Bay gesehen.

Am  Tag 5 haben wir auf dem Rückweg eines weitereren "enttäuschte-Hoffnung-Tages" einen Stopp beim Campingplatz gemacht.

 

Wir wollten ein bisschen Erfolg riechen. Dazu gibt es zu sagen, dass die meisten erfolgreichen Angler ihre Fänge hierher zeigen kommen, ein Polaroid machen lassen und sich dann im Netz veröffentlichen lassen. Schaut man in der Fangstatistik, ist gar ein Eintrag von einem Schweizer ersichtlich - dazu kommen wir aber noch. 

 

Mit dem Spezialisten suchten wir das Gespräch und holten uns Tipps und ein, zwei empfohlene Löffel.

 

Und dann kam Tag 6 ! Die Lilleau, ein kleiner Zufluss der Gudenau, schmal, aber unheimlich tief, wie alle die Auen, hatte unser Interesse geweckt. Der Fussweg der Gudenau entlang überquerte die Lilleau mit einer schmalen Brücke. Von dieser, mehr aus Spass, machte ich ein paar Würfe in die Lilleau, mit einem der am Vortag erworbenen Löffel (15 gr.). Beim dritten Wurf, bereits in der Steigphase des Löffels knapp vor der Brücke, explodierte das Wasser und ich sah den Kopf einer Meerforelle ganz kurz im schäumenden Wasser. Ich war derart perplex, ich stand nur da und staunte.

 

Rolando hatte die ganze Sache nicht mitbekommen, da er der Lilleau entlang flussaufwärts gegangen war. Das glaubt der mir nie, wenn ich das erzähle !!!

 

Die ganzen Anstrengungen, die Kälte, die Demotivation, das tolle Nachtessen, alles war vergessen und das Fieber stieg ins Unermessliche. Nach 2 Stunden abfischen der Lilleau ohne weiteren Biss war dann jedoch die Euphorie wiederum verflogen.

 

Rolando gesellte sich mitterweile zu mir und er schaute mich ungläubig an als ich ihm von meinem Erlebnis erzählte. Er roch meinen Atem und tippte auf übermässigen Drogenkonsum.

 

Ich  gab nicht auf, fischte weitere 3 Stunden in der Lilleau. Und plötzlich war er da - der Anbiss auf den ich sooo lange gewartet und gehofft hatte. Der Zug und der Drill war immens und im trüben Wasser war der Fisch nicht zu erkennen, weder Art noch Grösse. Und nach 6 Tagen ohne Biss schien mir dieser Biss das Wertvollste was ich je in den Händen hielt. Und somit steigt natürlich auch die Angst eines Ausschlitzers, Schnurbruch, usw. ins Unermessliche.

 

Dann kam das nächste Problem. Wie bringe ich diesen Fisch an Land? Glücklicherweise machte die Meerforelle so ein Radau (oder war ich es, egal), dass andere Fischer umgehend herbei eilten und mir mit Kescher zur Seite standen. Und dann war der Moment des definitiven Erfolges endlich gekommen. Rolando war mittlerweile auch eingetroffen und wir lagen uns in den Armen. Also doch ! Möglich ist alles !!! 73 cm ! Wunderschöner Fisch !

 

Den Erfolg feierten wir mit Kaffe, Suppe und Güetzi (pimped mit Kondensmilch zur Feier des Tages).

 

Von da an war unsere Motivation zurück und irgendwie schien sich das auch auf unser Fangerfolg zu übertragen. Wir hatten plötzlich Bisse. Gut, viele waren es nicht, aber trotzdem, kein Vergleich zu den 5 vergangenen Tagen.

 

Rolando fing auf Wurm einen schönen Lachs und am Tag 7 fing ich auch noch einen atlantischen Lachs. 

 

Na, das war ein Urlaub ! 

 

Wir konnten wunderbar unsere Köpfe vom Alltagsstress auslüften, haben ein bisschen Land und Leute (und Dackel...) kennen gelernt und uns mit der einheimischen Küche vertraut gemacht.

 

Hätten wir alles schon vorher gewusst - wir wären trotzdem gegangen ! War ein toller Urlaub !

Roland Fasel Urs Wehrli Gudenau, Dänemark Fliegenfischen Meerforelle Lilleau, Randers