Moraine Creek Alaska

Float Trip Moraine Creek Alaska
Moraine Creek Alaska

Float No 2 vom 09.07. - 16.07.2013

Im Anschluss an unseren ersten Alagnak-Float (siehe hier), sollte es von King Salmon direkt weiter an den Moraine Creek gehen.

 

Der Moraine liegt in der Bristol Bay im Südwesten Alaskas und ist bekannt für seine vielen und ausserordentlich grossen Regenbogner, welche ab August den Rotlachsen zu ihren Laichplätzen in diesen Fluss folgen. Die Bow’s konzentrieren sich in dieser Zeit hauptsächlich auf die Eier der Sockeyes, was die Art der Fliegenfischerei auf Beads, Glo Bugs und Fleshflies einschränkt. Deshalb planten wir unseren Float bereits auf die erste Hälfte Juli, wo sich weder die Sinne der Bows verklärt hätten, noch übermässiger Andrang von anderen Fliegenfischern zu erwarten sein sollte. Ein Telefongespräch mit dem ADF&G-Zuständigen bestätigte dies: „No Crowds, no Sockeyes – just mousing for resident Bows and Arctic Graylings and watching Bears!“ Volltreffer: Zu zweit ungestört Mäuse gegen den Wind pfeffern tönt doch verdammt verlockend!

 

Der Moraine fiel mir vor Jahren bei einer Tripplanung auf und fand sich schnell auf der „To-Float-Liste“. Ausschlaggebend war die abwechslungsreiche Flussstruktur in fast alpiner Umgebung und die hohe Dichte an Fischen und Bären. Der Fluss ist jedoch nur knapp 25 Kilometer lang und die Pools sind nicht unzählig. Eine Gruppe ab drei Personen könnte dort nicht glücklich werden. Zudem hätte ein zweites Flyout an den American oder Alagnak River das Budget gesprengt, denn ein Durchpaddeln des Kukaklek Lake mit den Rafts war aufgrund des möglichen Gegenwindes  keine Option. Deshalb flog der Moraine in der Vergangenheit immer wieder bei der Planung raus und blieb eine Träumerei.

Map Moraine Funnel Creek
Map Moraine Creek

Dieses Jahr schaute es aber anders aus: Da am 17. Juli unsere drei Jungs an den Alagnak ausgeflogen wurden, war der Vorschlag von Carmen vom Alaska Fisherman Club an den Piloten, dass er zuerst die drei Jungs beim Nonvianuk Lake absetzt, uns anschliessend direkt am Kukaklek Lake abholt um uns dann bei den Jungs wieder abzuladen. Dadurch konnten wir die Flugkosten sehr gering halten und der Moraine-Traum wurde Wirklichkeit.

 

Start des Moraine Floats war auf den 10. Juli geplant. Acht Tage sind eine lange Zeit für einen Fluss mit etwas über 15 Meilen Länge. Doch Rolando und ich wollten uns viel Zeit nehmen. Alleine der Startpunkt, der „Spectacle Lake“, bescherte uns bereits zu Hause feuchte Hände als wir über den Karten brüteten. „Da werden wir eine Rekord-Laketrout nach der anderen drillen! Und dasselbe nochmals zum Ende des Floats am Kukaklek Lake! Da sind schon vier Tage weg!“ Frei nach Michael Brandon Kinder: „Cause I heard that there’s gold in these hills“

 


Bewegte Bilder:

Ein filmischer Zusammenschnitt des Moraine Floats:


9.7.2013 - Back in King Salmon

Wir trafen am späten Nachmittag mit dem letzten der drei Buschflieger vom Alagnak herkommend in King Salmon ein. Van von Branchriver Air gab uns die Info, dass die zuvor ausgeflogenen deutschen Kollegen die Inlandmaschine zurück nach Anchorage pünktlich erwischt hätten. Das freute uns und machte uns den Kopf frei, um die nächsten Schritte in Angriff zu nehmen. Bei Van standen Berge von Material von uns herum und das sollte zuerst sortiert sein: Es gab einen Haufen für „Moraine“, einen Haufen „Alagnak II“ und einen Haufen „Rückschub Anchorage“. Dasselbe mit dem Proviant.

Aber bevor ich auch nur irgend etwas herumschob, stürzte ich mich hechelnd auf die Proviantkisten, durchwühlte sie wie ein Verrückter und fand endlich das, was ich die vergangenen 10 Tagen so schmerzlich vermisst hatte: Zigaretten. Beim Packen für unseren ersten Float schienen diese Peiniger meiner Seele den Weg nicht in die entsprechende Fresskiste gefunden zu haben und ich war somit die vergangenen  Tage am Alagnak sehr gesund unterwegs. Einzig Tobi’s und Rolando’s Zigarillos hielten mich über Wasser. Jungs, nochmals herzlichen Dank an dieser Stelle für Euer Erbarmen und die Geduld!

Als der Nikotinspiegel befriedigt und das Material in Vans Schuppen verstaut und angeschrieben war, fuhr uns einer der Jungs von Branchriver Air zum Blue Fly Bed & Breakfast. Carmen hatte uns nach der Erfahrung im King Salmon Inn in dieses B&B umgebucht. Wir waren natürlich sehr gespannt, was uns hier erwarten würde.

An der Eingangstüre wurden wir herzlichst begrüsst und in der warmen Küche warteten frisch gebackene Cookies, Kaffee und eine lustige Unterhaltung mit der Hostess auf uns. Sie zeigte uns die Waschmaschine, den Tumbler, den gefüllten Kühlschrank, das Jaccuzzi auf der Terasse, das Bad und zum Schluss unser feudales Zimmer mit zwei frisch bezogenen Betten. Was für ein Luxus! Wir konnten es kaum erwarten unter die heisse Dusche zu kommen und all die feuchte Wäsche zu waschen. Das Mädel war äusserst spassig und hatte ein unverkennbares Lachen drauf, welches uns fortan wie folgt begleiten sollte: packten wir künftig im Zelt ein frisches Kleidungsstück aus der Tasche, dann stieg einem umgehend der Geruch von frischer Wäsche in die Nase, was direkt mit dem dreckigen Lachen des Mädels und dem Luxus im Blue Fly in Verbindung gebracht wurde. „Hä-Hä-Hä-Hääää!“ schallte es in Zukunft am Moraine.

Auf dem Sonnendeck hinter dem Haus liessen wir uns bei Kaffee und Cookies in Tenue légère, sprich Unterhose, die Sonne auf die frisch geduschten Bäuche brennen. Dazu noch die Lieben zu Hause am Telefon zu hören: das war nach 10 Tagen Wind, Regen, Kälte und haufenweise Dreck eine wahre Wohltat. Nachdem alle Kleider wieder trocken waren, machten wir uns auf den Weg ins Kenko Inn, Downtown. Sonnenschein bis spät in die Nacht, alles in „walking distance“ erreichbar, ein feudales B&B als vorübergehende Herberge: King Salmon präsentierte sich plötzlich in einem ganz anderen Licht als bei unserem Einstand vor zehn Tagen. Nach dem übermässigen Mahl meinte Rolando gar, er wolle noch die „King Salmon Schnecken“ checken. Ich winkte ab und trottete mit wohlig vollem Bauch zurück ins B&B, wo ein kuschliges weiches Bett auf mich wartete.

10.07.2013 - Der Ruf der Wildnis

Der Pilot meinte, er fliege uns wegen herrschendem Nebel erst am Nachmittag aus. Also kein Grund zur Hektik und so drehten wir uns nochmals im Bett um; sehr zur Freude des übernächtigten Rolandos: „Die hatten sogar Jägermeister an der Bar!“ Auch mich zog es nicht aus den Federn. Zu kalt und zu nass waren die  vergangenen Tage gewesen, um voller Motivation den Moraine in Angriff zu nehmen. Mein Zimmergenosse grummelte aus dem Kissen: „Jetzt machen wir uns mal nicht ins noch trockene Hemd wegen des bisschen Regens und der Kälte! Fräulein, bitte noch eine Runde Jägermeister!“ Das Packen war schnell erledigt, umso länger genoss ich dafür die letzte Dusche. In der Küche stand Patricia, die Besitzerin des B&B, mit einem reichlich gedeckten Frühstückstisch bereit und meinte sie hätte nur kurz Zeit, da sie einige andere Gäste auf dem Naknek River guiden müsse. Wir bedankten uns herzlich für die Gastfreundschaft und verabschiedeten uns von der alaskanischen Version der April Vokey.

 

Der Transporter von Branchriver Air traf gegen zwei Uhr ein und nach obligatem Fleischeinkauf im Grocery Store waren wir bei Van auf der Veranda, bereit für den Abflug an den Moraine. Van meinte, die Wetterprognose für die kommende Woche sei hervorragend. Jubel! Also los, „fire up the engine“ und Abflug! Doch es gab noch eine kleine Verzögerung: Auf dem Nachbarsdock putzte ein Fischer seinen „catch of the day“,  was einer Bärenmutter und ihrem Jungen nicht verborgen blieb. Die beiden kamen direkt bei uns aus dem Gebüsch, watschelten ins Wasser und nahmen Kurs auf den Fischer in seinem Boot. Der Fischer und vorallem sein Hund mit seinem Gebell hielten die beiden aber auf Distanz. Van meinte, die beiden würden nicht mehr lange solche Faxen machen und würden über kurz oder lang vom Ranger abgeschossen, da sie sich zuviel erlauben und zu frech würden. Bitter, aber hier drüben gang und gäbe.

Der Pilot gab der Beaver Dampf, welche sich rasch vom Naknek River abhob. Wir folgten wiederum dem Alagnak, wo wir unseren ersten Campplatz beim Nonvianuk Lake sehen konnten, weiter ging es über den Kukaklek Lake und dann tauchte schon bald der Moraine das erste Mal auf. Van hatte nicht zuviel versprochen – das Wetter war fantastisch. Der Pilot zeigte uns den Pickup-Punkt und flog nun dem Flussverlauf entlang. Rolando und ich konnten uns kaum noch auf den Sitzen halten, als wir von oben sahen, was uns die nächsten Tage erwarten würde.

Lange dauerte das Vergnügen leider nicht, denn schon bald tauchte der Spectacle Lake vor uns auf und der Pilot setzte zur Landung an. Wir stellten mit Schrecken fest, dass der Untergrund des Sees sehr gut sichtbar war, zu gut für unseren Geschmack. Der Pilot meinte, der See sei sehr flach und gefriere im Winter komplett durch. Fische gäbe es hier nicht. „Adieu, ihr Rekord-Seeforellen, Adieu, du Zweitagescamp am Spectacle!“

Wir luden die Maschine aus und liessen den Piloten mit der leeren Beaver vom Wind auf den See hinaustreiben. Mr. Coolman entledigte sich derweil seiner Bedürfnisse, schüttelte ab und war kurzum am Horizont verschwunden.

Ausser dem ständigen Gesumme der Moskitos war plötzlich Stille eingekehrt. Ein Rundumblick haute uns um und liess auch uns ehrfürchtig verstummen. Der Anblick, der sich uns hier bot war überwältigend. Wir erklommen einen Hügel, setzten uns hin und genossen einige Minuten diesen herrlichen Fleck der Erde. Nicht treffender könnte man diesen See und die Umgebung bezeichnen.

 

Als die Moskitos zu aggressiv wurden, begannen wir das Boot aufzupumpen und zu beladen. Rolando hatte die glänzende Idee, das am Ufer herumliegende Holz einzusammeln, damit wir am Abend ein Feuer machen konnten. Bäume gab es weit und breit keine, einzig ein paar ausgewaschene und abgestorbene Wurzelstöcke fanden sich als Brennmaterial.

Spectacle Lake Alaska
Spectacle Lake

Wir paddelten Richtung Ausfluss und bestaunten weiter die Landschaft. Dort angekommen wurden die Ruten umgehend ausgepackt und die ersten Würfe am Moraine sollten Klarheit schaffen. Der Pilot hatte Recht: „no fish“. So gaben wir den Plan nun wirklich auf, die eine oder andere Nacht hier oben am See zu bleiben und machten uns auf, in die unbekannten Windungen und Kurven des Moraine.

Spectacle Lake Moraine Creek
Outlet Spectacle Lake / Moraine Creek

Wir beschlossen soweit zu floaten, bis wir erste Fischkontakte hätten um dann dort unser erstes Camp aufzuschlagen. Das zog sich aber Meile um Meile hin. All die schönen Pools, welche teils beachtlich tief waren, liessen uns zuerst  hoffen und dann enttäuscht weiter paddeln. Die einsetzende Dämmerung stresste uns nicht im Geringsten. Notfalls  könnten wir das Boot umdrehen und darunter campen. „Einfach, praktisch, gut“ war das Motto für die nächsten Tage.

Moraine Creek Alaska
Moraine Creek Alaska
Moraine Creek Alaska
Moraine Creek Alaska
Moraine Creek Alaska
Moraine Creek Alaska

Ja, man mag es merken: wir waren ziemlich überwältigt von dem was uns die Natur hier bot.

Der Blick auf die Karte verriet uns, dass wir nach gut fünf Stunden fischen und floaten bald den Einlauf des Funnel-Creeks erreichen würden. Das bedeutete, dass wir bereits die Hälfte des Moraine gefloatet hatten und noch keinen einzigen Biss zu verzeichnen hatten. Beunruhigend, wenn man bedenkt, dass wir uns die nächsten sieben Tage hier aufhalten werden und eigentlich zum Fliegenfischen gekommen sind. Aber es wird uns schon was einfallen – Blumen pflücken, Berge besteigen, Flora und Fauna bewundern, Steine sammeln, „shaving bears“; irgendwas geht immer.

Den Funnel-Creek hätten wir fast übersehen und Rolando meinte skeptisch: „Hää? Da sollen wir fischen? Das reicht nicht mal zum Baden“. Schauen wir morgen! Ein perfekter Campplatz war etwas weiter flussabwärts gefunden. Eine Insel mitten im Moraine bot alles was wir begehrten: leicht erhöht, genügend Flächen für das Schlaf- und Küchenzelt und etwas Schwemmholz für’s Lagerfeuer. Mittlerweile doch recht übermüdet stellten wir nur das Schlafzelt auf, kochten Wasser für ein Beutel Nudelsuppe chinesischer Herkunft ab und verzogen uns dann in die Schlafsäcke.

Am nächsten Morgen stellten wir das Küchenzelt auf und richteten die Küche ein. Der Wind pfiff streng und hielt  praktischerweise die Moskitos fern. Die Sonne holte die letzten 10 Tage nach und es versprach ein grandioser Tag zu werden. Kurzes Frühstück, danach Ruten raus - jetzt gehen wir der Sache mit dem Moraine auf den Grund!

Ich knüpfte einen Pfrillenstreamer ans 28er Vorfach und schlenzte diesen direkt vor unserer Insel in den nächstbesten tiefen Lauf: BAM! Aber zünftig BAM! Eine erste Moraine-Rämböse zog wehement in die Strömung und lieferte einen tollen Kampf. „Fish on!“ Rolando war sofort zur Stelle und das Grinsen bei uns beiden war zurück! Verfolgen waren die Gedanken ans Blumenpflücken und Bärenrasieren.

Rainbow Trout Moraine Creek Alaska

Einen Makel hatte der Fisch jedoch: man sah ihm deutlich an, dass er bereits in der Vergangenheit das eine oder andere Mal gefangen wurde. Wir sollten in den nächsten Tagen diese Tatsache öfters feststellen. Viele der gefangenen Fische im Moraine wiesen verheilte Verletzungen im Maulbereich auf. Der Befischungsdruck ab August muss wirklich beachtlich sein.

Rolando schnappte sich natürlich auch umgehend die Rute und war voll bei der Sache. Nicht lange später: „Fish on!“ Eine wunderschöne Laketrout fand seinen Koppenstreamer, slowenischen Herkunft, unwiderstehlich:

Lake Trout Moraine Creek Alaska
Lake Trout

Ein Tänzchen war nicht zu vermeiden: Kaiser-Wetter, Null Moskitos, erste Fische in beachtlichen Grössen gefangen, keine Anzeichen menschlicher Zivilisation soweit das Auge reicht und weit weg von Alltag und Bürostress.

In der Mittagshitze folgten wir dem Moraine zu Fuss flussabwärts, befischten intensiv Pool um Pool, doch stellten sich die Fänge immer mehr ein. Auch steigende Äschen fanden wir keine. Die Flussstruktur schrie förmlich nach Fisch, doch war das Ergebnis eher enttäuschend. Entweder fischten wir falsch oder es war die falsche Stelle.

Moraine Creek Alaska
Hitze am Moraine Creek

Nach etlichen Stunden kehrten wir ausgehungert und durstig zurück ins Camp. Am Morgen direkt solch tolle Fänge und jetzt den ganzen Tag nicht mehr viel los? Kann doch nicht sein! Wir würden es am nächsten Tag rausfinden müssen. Jetzt war erst mal Kochen angesagt.

 

Die Menue-Planung war denkbar einfach: Teigwaren & Steaks; ab und zu eine Nudelsuppe – mehr stand nicht auf dem Speiseplan. Wir wollten alles so einfach wie möglich halten und nicht viel Zeit fürs Kochen vertrödeln. So schaute das dann ungefähr aus:

Fusilli, Rigatoni oder Hörnchen waren die möglichen Variationen. Mentos als Dessert war zwar ein kulunarisches Highlight, doch auf Dauer auch keine Lösung. „Udo, was haben wir Dich und deine Paella-Pfanne vermisst!“

 

Geweckt wurden wir am nächsten Morgen von der Hitze im Zelt. Die Sonne knallte mit aller Kraft auf das Zelt und liess die Innentemperatur auf ein unerträgliches Mass ansteigen. Fluchtartig verliessen wir das Zelt und widmeten uns ausgiebig der Körperpflege. Anschliessend erwartete uns ein lecker Nudelsüppchen und wir besprachen die Pläne. Rolando meinte, er wolle nochmals flussabwärts dem Moraine folgen, ich dagegen wollte mir den Funnel Creek vornehmen. Ein Knacken im Gebüsch liess uns aufhorchen und der erste Bär schaute vorbei. Er beobachtete uns eine Weile und zog dann entspannt weiter flussaufwärts. 

Brown Bear Moraine Creek Alaska
I just came to say "Hello"
Moraine Creek Alaska
Morgentoilette

Bevor ich mich Richtung Funnel Creek machte, band ich eine Maus ans Vorfach und schmettere das unförmige Ding an dieselbe Stelle, wo sich am Vortag die erste schöne Rämböse überlisten liess. Ich mendete aufwärts, damit die Maus möglichst ruhig bis zur gewünschten Stelle kam und begann langsam einzustrippen. Sobald der Wasserdruck die Flugschnur erfasste, kam Bewegung in die Sache. Täuschte ich mich, oder löste sich ein Schatten vom Boden und verfolgte die Maus? Tatsächlich, der Schatten nahm Kurs auf, stieg knapp hinter der dreggenden Maus an die Oberfläche und öffnete sein Maul. Doch leider war der Swing bereits ausgefischt und der Fisch zog sich wieder in die Flussmitte zurück. Rolando, welcher nicht recht an den „Mouse-Effect“ glauben wollte, wartete auf meinen nächsten Wurf. Wiederum wurde die Verfolgung aufgenommen und der Fische schnappte mehrmals nach der Maus. Doch führte ich schlecht, zu unbeholfen oder die Maus war zu gross; es wollte nicht klappen. Natürlich folgte gleich der nächste Wurf. Doch nun hatte der Fisch den Braten gerochen; keine Reaktion mehr. Lösung: Pfrillenstreamer!

Wir verblieben, dass wir uns entweder am Abend wieder im Camp sehen oder der eine den anderen durch den Tag besuchen kommen würde, sollte es einem von uns beiden langweilig werden.

 

Ich wanderte den Moraine hoch bis zum Einfluss des Funnel Creek. Auf den ersten Blick schien das wirklich nur ein Bächlein zu sein. Doch der Funnel machte beim zweiten Hinsehen seinem Namen alle Ehre: je weiter ich hochging, je breiter wurde das Bächlein und es reihte sich Pool an Pool.   

Der Funnel Creek war eine weitere Augenweide. Ich band eine Trockenfliege ans Vorfach und servierte auf Verdacht. Umgehend wurde die Fliege von stattlichen Äschen genommen. 

Arctic Grayling Funnel Creek Alaska
Arktische Äsche aus dem Funnel Creek

Alleine bei der Äschenfischerei hätte ich den ganzen Tag verbringen können, die Anzahl der Äschen war unvorstellbar. Doch wollte ich mich nun endlich ernsthaft dem „Mousing“ widmen. Erstes Fazit: mit Ernsthaftigkeit hat diese Fischerei nichts zu tun. Als Angler bist Du nur am Schmunzeln, Prusten und Grinsen. Die Äschen und Regenbogner jagen die Maus dermassen gierig und aggressiv, dass man kaum noch mitkommt, was sich da im Wasser abspielt. Das Werfen gegen den Wind und vorallem das Servieren unter die Büsche ist herausfordernd, doch nimmt die Maus mal Fahrt auf, ist umgehend „Alarmbereitschaft“ angesagt. Meist löst sich ein Schatten weit hinter der Maus vom Boden, nimmt langsam Kurs auf und schlägt dann mit einem gewaltigen Satz von oben herab auf die Maus zu. Das Anschlagen versemmelt man meist, weil man schlicht im Bann des Spektakels gefangen ist.

Ich wanderte von Pool zu Pool weiter den Bach hinauf und es wollte nicht aufhören mit den Fängen. Es war einfach unglaublich, was sich mir hier bot. Die Stunden verflogen natürlich entsprechend im Nu und erst zu später Stunde machte ich mich auf den Rückweg. Die bereits zuvor befischten Pools brachten beim zweiten Durchgang, diesmal flussabwärts, wiederum neue Fische zu Tage. Wahnsinn.

 

Was war das für ein herrliches Gefühl all diese schönen Stellen zu verlassen, einmal nicht weil nichts mehr beisst, sondern weil schlicht die Fischerseele satt ist.

Flyfishing Moraine Creek Alaska
Confluence Funnel - Moraine Creek

Spät Abends kam ich ins Camp zurück und traf auf einen leicht frustrierten Kollegen. Den ganzen Tag habe er den Moraine bearbeitet, rauf und runter, doch wirklich schöne Fänge konnte er nicht verzeichnen. Jede nur erdenkliche Angelmethode hätte keinen Erfolg gebracht (und das will beim Rolando was heissen).

Mein Gemüt und das Schmunzeln um die Maulecken schienen mich zu verraten und ich musste ihm beim Menue „Moraine“ genaustens vom Funnel, den Äschen, den Rämbösen, den Mäusen, den Bären und der überwältigenden Szenerie berichten.

 

Ungläubig lauschte er meiner Schwärmerei. Doch bei einem Mentos und einem Glaserl Jägermeister war der Entschluss gefasst: Wir bleiben eine weitere Nacht und nehmen am nächsten Tag den Funnel zusammen in Angriff.

Der nächste Morgen begrüsste uns wiederum mit stahlblauem Himmel und strahlendem  Sonnenschein. Im Gegensatz zum Vortag packten wir heute etwas Proviant mit ein und machten uns Richtung Funnel Creek auf. Ich hoffte natürlich, dass die Fischerei gleich erfolgreich wird wie am Vortag, denn die Erwartungen von Rolando waren unermesslich.

Hatte ich etwa im Dunst des Jägermeisters den Mund zu voll genommen und gar die Grösse der Rämbösen verklärt gesehen?

Beim ersten Pool, dem Äschenloch, gleich beim Einlauf in den Moraine, wies ich Rolando an, eine Trockene ans Vorfach zu binden und auszuwerfen. Und schon drillte er seine erste Äsche.

Und es sollte wieder sein wie tags zuvor: kein Ende absehbar. Äsche auf Äsche.

Ich musste Rolando regelrecht von diesem Pool wegreissen, denn es gab noch mehr am Funnel zu entdecken!

Arctic Grayling Funnel Creek Alakska
Äsche aus dem Funnel Creek
Arctic Grayling Funnel Creek Alaska
was für eine Fahne
Grayling Funnel Creek Alaska
weitere Äsche

Denn jetzt war Mousing Time!

Mousing for Rainbows Funnel Creek Alaska
Mousing Time am Funnel Creek
Huge Rainbowtrout Moraine Creek Mousing
Prachts-Rämböse - Bravo Rolando!

Wir wanderten weiter dem Funnel Creek entlang und fanden immer wieder neue einladende Pools, vollbepackt mit Regenbogenforellen. Am späten Nachmittag erreichten wir das obere Ende des Funnel Creeks:

upper end Funnel Creek Alaska
oberes Ende Funnel Creek
Flyfishing Funnel Creek Alaska

Fliegenfischen im Schnee mitten im Sommer hat was! Bei genauerer Untersuchung des Schneefeldes entdeckte ich eine ausgespühlte Höhle, die mit einer herrlichen Farbenpracht aufwartete.

Urs Wehrli, Roland Fasel - floaters.ch
Ein bisschen Blödsinn musste auch sein

Weiter hoch konnten wir nicht mehr, also machten wir eine Pause mit flussgekühltem Ragusa, Ovo-Riegeln und dem herrlich klaren und frischen Wasser des Funnels.

Jeder von uns hatte noch ein paar dicke Brocken im Hinterkopf, die er beim Hochgehen nicht gefangen hatte, denn beim Fischen mit Mäusen ist die Anzahl der Fehlbisse sehr hoch und nicht jede Rämböse lässt sich zweimal bitten.

So kehrten wir langsam wieder um und fischten den Funnel diesmal abwärts. Wir dachten, die Fischerei werde nicht mehr so gut sein, wie zuvor, aber denkste! Das Vergnügen wollte nicht enden.

 

Ach ja, fast hätt ich’s vergessen: Wir waren nie ganz alleine am Funnel. Die Bären waren eigentlich immer und überall anzutreffen. Heute hatten wir sogar den Bärenspray dabei; ganz im Gegensatz zum Vortag. Aber wie nicht anders gewohnt, waren die Bären an unserem Tun zwar interessiert, doch hielten sie immer respektvoll Abstand. Eindeutig zeigte das Verhalten der Bären, dass sie auf die ersten Rotlachse warteten.

Wir trennten uns beim Hinunterfischen auf, jeder marschierte an „seine“ Pools und versuchte die verpassten Fänge nachzuholen, was grösstenteils auch Gelang. Nur die eine „Big-Mama“, die wollte nichts mehr wissen. Zwar zeigte sie erneutes Interesse an der Maus, aber sie war immer noch gewarnt. Ja, das war wieder mal so ein nicht gefangener  Fisch, den man das Leben lang nicht vergisst und jedesmal wenn man an ihn denkt, ist er ein paar Centimeter gewachsen.

 

Spät Abends, trafen wir uns flussabwärts wieder, beide mit je einer Überraschung in den Händen: 

Orvis Helios
Orvis Friedhof nach einem Tag am Funnel Creek

Der Funnel hatte für alle etwas in Petto: uns bereite er ein bis anhin kaum für möglich gehaltenes pures Fliegenfischer-Vergnügen, unseren beiden Orvis-Rütchen hingegen das frühzeitige Ableben. Als wir uns so anschauten, jeder mit seinen kümmerlichen Rutenresten in den Händen, konnten wir uns kaum noch halten vor Lachen. Was war das für Tag!

 

Zurück im Camp kamen die obligaten Steaks auf den Grill, dazu ein flussgekühltes Budweiser und aus der Jukebox dröhnte „on our way“ von Stereoside:

“We'll be a hundred years old still in the front row,

singing every word with our devil horns in the air, '

cause baby we were born to be here”

http://www.youtube.com/watch?v=HM20jwx6UAM

 

 

Die Welt war einfach nur rund!  Runder ging‘s nicht mehr.

Moraine Creek Alaska
Perfekter Abschluss eines perfekten Tages

Am nächsten Tag hatte es keiner von uns beiden eilig. Die Erlebnisse vom Vortag reichten eigentlich wieder einmal mehr um ein ganzes Fischerleben glücklich zu sein. Deshalb gingen wir es gemütlich an. Ausgedehntes Wellnessprogramm im Fluss, Fingerpflasterstation im Küchenzelt und Ausflug in die umliegende Flora & Fauna. Wobei die Flora vorallem wegen des aufgebrauchten Brennholzes inspiziert wurde und die Fauna wegen der eintönigen Küche vor allem Rolandos Interesse weckte.

 

Die letzen Tage trafen wir immer wieder auf Moorschneehühner, im Englischen „Willow Ptarmigan“. Die Hühner stellen  den State Bird von Alaska dar, entgegen der gängigen Meinung, das sei der Moskito. Die Hühner verstecken sich oft im Unterholz und ergreifen erst im letzten Moment die Flucht, was mir den einen oder anderen Fluch beim Bushwalking entlockte. Die Vögel schienen sich an unsere Anwesenheit der letzen Tage sehr gewöhnt zu haben und liefen mittlerweile ungehemmt zwischen unseren Zelten durch. „Na, was meinste? Hauen wir uns heut so einen Vogel in die Pfanne?“. Fangbar sind sie ohne Probleme (gilt als bewiesen, nach kurzer Frühsportaktion). Sollte also mal eine Fleischknappheit herrschen, wären diese, nebst den Äschen ein guter Fleischlieferant. Da wir aber eher mit Proviantüberschuss zu kämpfen hatten, liessen wir die Hühner unversehrt.

Willow Ptarmigan
Willow Ptarmigan

Am Nachmittag besuchten wir wiederum den Funnel und fischten bis spät in die Nacht. Die Fischerei war wie am Vortag ein Genuss.

In einem der Pools entdeckten wir einen roten Fleck. Nach genauerer Betrachtung entpuppte sich der Fleck als  Rotlachs. Völlig alleine streifte er durch den Pool und wartete auf seine Artgenossen. Die Bären hatten es also richtig in der Nase. Was muss hier in ein, zwei Wochen für ein Spektakel sein, wenn die grossen Lachsschulen da sind? Leider werden wir dann nicht mehr hier sein, so erfreuten wir uns an diesem ersten einsamen Kämpfer. Ansonsten hatten wir keine Rotlachse im Funnel entedeckt.

Der nächste Morgen begrüsste uns mit Nebel. Ein Wetterwechsel lag in der Luft und so entschieden wir uns die Zelte und das Camp zusammen zu räumen, alles ins Boot zu verladen und uns weiter flussabwärts zu bewegen.

Moraine Creek, Alaska
neblige Morgenstimmung am Moraine

Da wir zeitig gestartet waren, konnten wir unterwegs jeden verdächtigen Pool befischen und den Flussverlauf geniessen. Wie nachfolgend zu sehen ist, hatten sich weiter unten im Moraine bereits einige Schulen von Rotlachsen versammelt. Unser Freund im Funnel musste also nicht mehr lange ausharren.

Moraine Creek Alaska
Unterwegs am Moraine Creek
Brown Bear Moraine Creek Alaska
Halbwüchsiger Grizz am Moraine

Beim Fischen in einem der Pools fiel uns auf, dass bei der nächsten Kurve etwas grosses Braunes auf einer Kiesbank lag. Abwärtsfischend und näherkommend konnten wir eine Bärenmutter mit ihren beiden Jungen ausmachen. Die drei lagen in der Sonne und genossen die Wärme. Ab und zu öffnete einer der Bären ein Auge, checkte kurz die Lage und  schlief danach weiter. Nach gut einer halben Stunde stand die Mutter auf, streckte sich, ging ans Wasser, um sich zu erfrischen und rief dann ihren Kleinen es ihr nachzumachen. Danach schlenderten die drei am Flussufer entlang, prüften den Pool auf Rotlachse und verzogen sich ins Unterholz. Rolando und ich waren sprachlos; verstummt.

Brown Bear Moraine Creek Alaska
Grizzly Familie beim Sonnenbad
Brown Bear Moraine Creek
Brown Bear Morain Creek Alaska
Brown Bear Moraine Creek Alaska
Brown Bear Moraine Creek Alaska
Brown Bears Moraine Creek Alaska
Brown Bears Moraine Creek Alaska

Einige Stunden und Flussmeilen später tauchte am Himmel ein kleines schwarzes Flugzeug auf. Die Einmotorige überflog uns einige Male und setzte dann zur Landung an. Unmöglich, dachten wir – eine Schotterbank mitten im Moraine konnte doch nicht als Landepiste genügend sein? Falsch gedacht! Der Pilot drosselte den Motor und liess den Vogel praktisch vom Himmel fallen. Kurz vor der Landung gab er nochmals kräftig Dampf und setzte so mit genügend Vorwärtsschub und dank der weichgepumpten Räder einigermassen sanft auf der Schotterbank auf. Wir staunten nicht schlecht; zu Hause auf dem Flightsimulator klappt das irgendwie nie.

Ein äusserst sympathischer Typ krümelte sich aus der kleinen Kabine und erzählte uns, dass er und seine Freundin soeben an der Küste in der Bristol Bay waren und Kings mit der Fliege geärgert hätten. Die Fliegenruten waren auf einer der Tragflächen mit Ducttape & Kabelbinder fixiert. Er weckte sein „Honey“, welche auf dem, aus Gepäck bestehenden Rücksitz geschlafen hatte. Sie wollte wissen, was denn los sei, worauf ihr Freund erklärte, er hätte uns im Moraine fischen gesehen und wollte kurz „Hallo“ sagen. Bei der Landung im Schotter schien sie etwas unsanft geweckt worden zu sein. Ihre Laune besserte sich aber umgehend, als sie uns die Fotos von den Kings und die Fundstücke von der Küste zeigte: Walrosszähne, Walknochen und meterlange Barten (Fischbein) füllten den letzten Zentimeter Stauraum des kleinen Fliegers. Die Fundstücke benutzen sie, um daraus Schnitzereien und anderes Kunsthandwerk zu fertigen. Den Flieger habe er selbst gebaut und durchstreife damit wochenweise Alaskas Wildnis. Purer Neid: mit so einem kleinen Krutzchen über die Flüsse Alaskas zu fliegen um kurz  am erstbesten Traumspot zu landen und zu Fischen und dann weiter, wochenweise! „Holy moly Rolando, wir haben noch Ziele!“

Moraine Creek Alaska
Besucher

Nach dem Schwatz zwängte er sich wieder in seine Kabine, startete den Motor und brauste davon. Neidisch über diese Freiheit setzten wir unseren Float fort. Er sagte uns noch, dass es bis zum Kukaklek-Lake nicht mehr weit sei und wir bald das Ende des Moraines erreichen würden.

Die Erlebnisse mit den Bären und der Eifer bei der Fischerei hatten uns vergessen lassen, ab und an einen Blick auf die Karte zu werfen und unsere Position zu bestimmen. Nun hatten wir den Salat – wir waren viel zu weit unten. Der Moraine wurde breit und hatte nur noch sehr tiefe, fast stehende Pools. Da wir noch knapp drei Tage hier waren und die Aussicht auf eine interessante Fliegenfischerei im untersten Teil eher schlecht war, nahmen Rolando und ich den letzten Motivationsschub und gingen wieder flussaufwärts. Es war eine mühsame Arbeit, das beladene Boot gegen die Strömung an eine aussichtsreichere Stelle zu zerren, doch irgendwann spät Nachts hatten wir es dann doch geschafft.

Die Campstelle war leicht erhöht auf einem Grashügel und es wimmelte von Moskitos  - unter dem Boot schlafen kam nicht in Frage. Komplett ausgepowert stellten wir somit das Schlafzelt auf, rollten die Schlafsäcke aus und hauten uns hin. Der Campplatz, der Homepool und die ganze Umgebung mussten auf den nächsten Tag warten, um erforscht zu werden.

Geweckt wurden wir am nächsten Morgen vom prasselnden Regen auf dem Aussenzelt. Wir stellten umgehend das Küchenzelt auf, brachten alles Material ins Trockene und Frühstückten erst einmal. Der Blick aus dem Küchenzelt verhiess nichts Gutes: es sah nach einem richtig schön lang anhaltenden Landregen aus.

 

Die Moskitos schlugen hier alles, was wir bis anhin in Alaska angetroffen hatten. Die beiden Zelte betraten wir nur noch gemeinsam und gleichzeitig, um nicht unnötig viele Moskitos ins Innere zu bringen. Draussen hielt man es kaum aus. Die beiden Zelte waren der einzige Ort, wo wir etwas Entspannung und Ruhe finden konnten. Trotz Handschuhe sieht man es auch den Filmaufnahmen sehr gut an: nach nur ein paar Sekunden erhält die Aufnahme ungewollte Wackler, verursacht durch die Klatscher auf dem Handrücken. Ein Motivverfolgung war auch äusserst schwierig: ist man zuerst noch auf das Motiv im Sucher konzentriert, ändert das Auge nach ein paar Augenblicken den Fokus auf das Mistvieh, welches sich gerade genüsslich am freiligenden Finger am Auslöser vollsaugt.

Moskito Inferno Alaska
Moskito Inferno
Moskito Inferno Alaska
wie schön war es hinter dem Mückengitter zu liegen...

Irgendwie hatten wir ganz vergessen, wie es die Woche zuvor am Alagnak war. Tja, „arrangez-vous“ hiess es somit mal wieder. Wir richteten unser moskitofreies Küchenzelt zur Wellnessoase um, heizten zünftig Wasser in den Pfannen auf, und funktionierten die beiden grossen Plastikkisten zu Sitzbädern um.

 

Hier unten ist auch der Pickup-Punkt der umliegenden Nobel-Logdes, welche ihre Gäste tageweise an den Moraine zum Fischen und Bearwatching ausfliegen. Mit ein paar solchen kamen wir ins Gespräch. Sie berichteten in etwa dasselbe, was wir hier im unteren Teil des Moraines erlebten. Sie fanden, dass hier wirklich eine Top-Fischerei vorzufinden sei. Na, die sollten mal an den Funnel…

 

Wir wanderten jeweils weit dem Moraine entlang wieder hoch und fischten dann flussabwärts zurück zum Camp. Von Mäusen wollten die Rämbösen hier unten nix mehr wissen und die Äschen waren kaum noch anzutreffen. Jedoch war hier unten die Streamerfischerei sehr erfolgreich.

Rainbow Trout Moraine Creek Alaska

Die Bären hier unten waren unzählig. Dauernd knackte es irgendwo in den Büschen oder es platschte im Fluss. Die Bären nahmen uns kaum wahr, kreuzten den Fluss knapp ober- und unterhalb von uns, und wir konnten herrlich beobachten, wie sie auf die Lachse lauerten. Der eine oder andere verschätzte sich in der Strömung und paddelte  noch knapp an unseren Rutenspitzen vorbei. So nah wie hier wagten sich nicht einmal die Bären auf Kodiak an uns heran.

 

Etwas Spannung kam auf, als uns ein Bär auf einem der etlichen Bärenpfade entgegen kam. Wir standen uns gegenüber und jeder fragte sich: wer hat nun Vortritt? Der Bär musterte uns beide und wartete geduldig. Wir hatten umgehend verstanden: „Jungs, schleichts euch!“ Kaum gaben wir den ausgetretenen Bärenpfad mit ein paar Schritten seitwärts frei, setzte er sich wieder in Gang und spähte von der Anhöhe gebannt in den Fluss, auf Ausschau nach Rotlachsen. Uns würdigte er keines weiteren Blickes mehr. 

Brown Bear Moraine Creek Alaska
Bären-Regel No.1: „Beachte, dass immer noch einer zwischen Dir und dem Bären ist“ erinnerte sich der Fotograf und entspannte sich.

Résumé

Der Moraine Creek ist ein weiteres Highlight in unserer Float Historie. Der Fluss ist zum Floaten keine Herausforderung, aber trotzdem unglaublich spannend, da sich die Gegend fast jede Flussmeile verändert.

Dasselbe gilt auch für die Fischerei: man trifft auf eine herrliche feine Trocken- und Nymphenfischerei auf Äschen, dann ist die Action bei der Mausfischerei kaum zu überbieten und will beides nicht funktionieren, fängt man mit Streamern sehr schöne und kampfstarke Regenbogner. Gefangen wird eigentlich immer etwas und der Fischreichtum ist enorm. Wie bereits erwähnt, man sah es den Regenbognern im Moraine teilweise an, dass sie schon öfters gefangen wurden. Im Funnel ist uns das nie begegenet. Der Funnel Creek war sowieso die Überraschung dieses Floats und hat die Eindrücke zur Fischerei erheblich geprägt. Der Funnel kommt schon sehr nahe an meine persönliche Vorstellung der „ewigen Jagdgründe“ heran.

Einen Float auf dem Moraine Mitte Juli kann ich jedem empfehlen, der nicht unbedingt Lachse fangen will und sich eine, uns Europäern gefällige Art des Fliegenfischens in einer wunderschönen Szenerie wünscht. Fischen mit schweren Sinkschnüren oder gar Blei sind hier das falsche Rezept. Einhandruten der Klassen 4-6 mit Schwimmschnüren reichen für den Funnel und Moraine völlig aus. Im August/September dürfte der Trubel von anderen Anglern erheblich grösser sein und sich die Fliegenfischerei hauptsächlich auf Beads beschränken.

Die Bären sind allgegenwärtig, das muss man sich bewusst sein. Wir hatten unzählige Begegnungen, die jedoch immer unproblematisch und angenehm verliefen. Wir genossen diese faszinierenden Tiere sehr und sie waren uns genauso wichtig wie die Fischerei. Durch die ständige Anwesenheit der Bären kann sich jedoch eine Gelassenheit einschleichen, die riskant werden kann. Deshalb sollte man sich gegenseitig immer wieder an die Regeln im Umgang mit Bären erinnern und sie präsent halten. Für unerfahrene Abenteurer oder Angler, die Bären am liebsten im Zoo oder ausgebreitet vor dem Kamin liegen sehen, ist der Moraine das falsche Ziel.

Zu zweit, eventuell zu dritt hat man am Moraine und am Funnel genügend Platz und steht sich nie im Weg. Grösseren Gruppen empfehle ich diesen Fluss nicht.

Ein Küchenzelt mit Moskitoschutz ist unabdinglich. Ohne diesen „Ort der Ruhe und des Friedens“ hätten wir nur schwer die Zeit am Moraine geniessen können.

Mit Rolando verstand ich mich von der ersten bis zur letzten Minute perfekt. Wir waren wiederum ein eingespieltes Team, bei dem sich jeder auf den anderen verlassen konnte. Auch musste sich keiner um den anderen sorgen, wenn wir getrennt losgezogen sind, da sich beide mit der nötigen Sorgfalt auf so einem Trip zu bewegen wissen. Das brachte natürlich auch den Freiraum, den man ab und zu mal braucht.

Wie in all unseren vergangenen Floats hatten wir auch diesmal nie das Bedürfnis einen Guide an unserer Seite haben zu müssen. Einen oder mehrere Guides machen das Leben sicher viel einfacher und geben dem Unerfahrenen die nötige Sicherheit und wohl auch das Gefühl, dass man nicht viel falsch machen kann. Entspricht die Fischerei dann nicht den Erwartungen, kann man praktischerweise einfach dem Guide die Schuld in die Schuhe schieben (zur Erinnerung: auf’s Wetter und die Moskitos hat der Guide genau so wenig Einfluss, wie auf die Fischerei und den Wasserstand, was dem einen oder anderen Gast wohl manchmal entfällt).

 

Ist kein Guide anwesend muss man all die Widrigkeiten, die so ein Float durchaus haben kann, mit sich selbst ausmachen – dafür kann man dann aber auch jeden einzelnen nicht krumm eingeschlagenen Hering, jeden selbst entdeckten dampfenden Bärenhaufen und jedes lauwarme Nudelsüppchen auf sein eigenes Konto schreiben. Ganz zu schweigen von all den anderen Erlebnissen. Ein unbeschreiblich herrliches Gefühl!

Grosser Dank gebührt Carmen Curtis

vom www.alaskafishermanclub.com, welche das Meiste organisiert hatte. Das Material war top, alles stand bereit, wie im Vorfeld abgesprochen und die Organisation war wie immer perfekt!  

Danke !


Veröffentlichung

Dieser Bericht wurde in gekürzter Version im fliegenfischer-forum.de unter folgendem Link veröffentlicht:

http://www.fliegenfischer-forum.de/pdf/moraine.pdf

 

Der Bericht wurde von den Lesern des Fliegenfischer-Forums bei der Wahl zum besten Reisebericht 2014 auf Platz 2 gewählt.

Hier die gesamte Wahl: http://www.fliegenfischer-forum.de/reise014.html