Teil I: Abflug

20. September 2011, 4 Uhr morgens auf der Autobahn, das Ziel: Flughafen Zürich. Mättel’s Auto war mit wasserdichten Taschen und prallgefüllten Rutenrohren bis obenhin voll bepackt, dazu drei Freunde die sich nach Natur, Wildnis und Abenteuer sehnten.

Das Handy vermeldete SMS-Eingang von Mazzo: „Servus Schweizer! Wir haben spontan beschlossen nicht zum Flughafen nach Linz zu fahren, sondern werden in Salzburg in gewissen Etablissements die komplette Ferienkohle auf den Putz hauen. Macht ein paar nette Bilder, wir tauschen mit Photoshop die Gesichter aus, dann passt’s auch für die Daheimgebliebenen und das Familienfotoalbum. Bon Voyage und Petri heil !“

Wunderbar! Die Österreicher waren bester Laune und der 2011er Trip konnte endlich beginnen.

Grönland

Nach einigem Gerangel beim Einchecken unserer je zwei Taschen und Rutenrohr (man kennt es ja mittlerweile...), flogen wir mit Verspätung Richtung Frankfurt. Dort angekommen trafen wir Mazzo und Jochen, welche uns mit einem verschmitzten Lächeln begrüssten. Der liebe Mazzo hatte doch glatt im Zubringerflug nach Frankfurt seine gesamten Papiere liegen lassen - den Pass trug er glücklicherweise aber auf sich. Im Zeitalter von e-Tickets ist so ein Malheur jedoch kein Problem mehr - phuu.

Durch unsere Verspätung reichte es weder für Kaffe noch Nikotin. Nun denn, ab in den Flieger und ein prüfender Griff ins Handgepäck zu den 4mg-Kaugummis. Alles da - es konnte losgehen!

In Anchorage gelandet und nach dem Durchlaufen der strengen Kontrollen der Immigration-Behörden fanden wir uns alle am Gepäckausgabeband wieder. Es ist jedes Mal ein Zittern, ob wohl alles angekommen ist oder eben nicht.

 

Alle Jahre zuvor war das Zittern unnötig, doch dieses Mal leider nicht. Rolando fehlte eine Tasche. Nachdem ein freundlicher Angestellter meinte, der Flieger sei komplett leergeräumt, traf uns die Gewissheit, dass Rolando von jetzt an nur noch mit leichtem Gepäck unterwegs war. Besonders ärgerlich war, dass nebst Wathosen, Watschuhen, Rollen und anderen notwendigen Angelutensilien auch seine zahlreichen Streamerboxen fehlten. Sprüche wie "Stell Dir vor, wie die in Frankfurt Freude an Deinem leuchtenden Weihnachtsschmuck haben !" konnte der Rolando gar nicht ab. Eine ordentliche Portion Erleichterung über den nun nicht mehr möglichen Einsatz der Geheimwaffe No 38 war bei uns anderen aber nicht zu übersehen...

 

Etliche Gepäck-Vermisst-Formulare später tranken wir unser erstes Alaskan Amber in einer der Flughafen-Bars und warteten auf unseren Anschlussflug nach Kodiak. Das einzige was uns die Condor-Mitarbeiterin sagen konnte war, dass wir uns in zwei Tagen telefonisch melden sollten und uns nach dem Gepäckstück erkundigen sollten. Toll... Glücklicherweise hatten wir noch 4 Tage Aufenthalt in Kodiak City, bevor es auf den Float gehen sollte.

Ich greife mal kurz vor:

Zwei Tage später riefen wir beim Office von Condor an, welches sich um vermisste Gepäckstücke kümmert. Dieses Office ist in Chicago. Unter Berücksichtigung der Officehours und der Zeitverschiebung war es nicht ganz einfach den richtigen Zeitschlitz zu finden um jemanden an die Strippe zu bekommen. Die erste Auskunft von Condor war, dass es zeitlich nicht reicht das Gepäckstück bis zum Start des Floats nach Kodiak zu schaffen. Rolando könne sich alles fehlende Material neu kaufen und Condor würde es dann vollumfänglich erstatten. Als ich anmerkte, dass wir hier von einem Endbetrag von rund Euro 2000.- (Rolle, Wathosen, Watschuhe, usw.) sprechen, musste dies mit der vorgesetzten Stelle abgeklärt werden. Am nächsten Tag erhielten wir den Bescheid, dass Rolando die zusätzliche Investition mit 50% erstattet wird und das Gepäckstück zurück in die Schweiz gebracht wird. OK, damit konnte resp. musste er wohl oder übel leben und seine Einkäufe beschränkten sich auf das Notwendigste. Fehlendes, teures Material wurde hilfsbereit von uns anderen so gut es ging ausgeliehen. Jedoch Knicklicht-Streamer konnte keiner von uns bieten...  

Küste Kodiak Island
Küste Kodiak Island

Der Inlandflug von Anchorage nach Kodiak war wiederum ein Genuss! Man fliegt nicht allzu hoch und kann die Bäche und Flüsse der Kenai-Halbinsel bewundern und sich an vergangene Abenteuer erinnern. 

Der Höhepunkt stellt jedoch der erste Blick auf Kodiak dar. Das Ziel ist endlich sichtbar und man kann das Kommende kaum erwarten.

Think Big !
Think Big !

Am Flughafen in Kodiak, einem größeren Busbahnhof, stürmten wir sofort die Autovermietung.


24 Stunden am Stück auf der Reise, aber horny as hell, wollten wir endlich ans Wasser. Man übergab uns die Schlüssel für unsere vorreservierten "grossen" Wagen.

 

Auf dem Parkplatz wurde dann schnell klar, dass wir doch nicht ganz so "big thinken" wie die Amerikaner.


Zwei blaue Ungetüme von Ford aus den 80er Jahren erwarteten uns. Elf Sitzplätze, Fischblut auf den Polstern, defekte Sicherheitsgurte und am Dachhimmel steckten noch fünf Streamer von den Vormietern. Was soll’s, Hauptsache ein V8 und ehrliche 4 Liter! Mit diesen beiden Schiffen, Seegang inklusive, segelten wir zum nächsten Ziel, dem Buskin River. 

Der Buskin River gilt als die beste Adresse für grosse Cohos und gute Aufstiege. Er ist schnell von Kodiak City erreichbar, leicht zu bewaten und daher für die Sportfischer ein beliebtes Ziel. Der Fluss führte relativ viel Wasser und war leicht angetrübt. Trotzdem konnten wir einige Silberlachse von der alten Holzbrücke ausmachen. Es waren nicht allzu viele, aber sie waren da!

Alle Befürchtungen über zu wenig Wasser, keine Aufstiege, zu frühe/späte Anreise und, und, und, waren auf einen Schlag weggeblasen! Die Freude war riesig und wir konnten es kaum erwarten ans Wasser zu kommen. Einzig ein leises Schluchzen störte die gute Stimmung: "Stellt Euch vor, wie die auf meine Knicklicht-Streamer abgegangen wären…"

Buskin River
Buskin River

Nächste Station: Cranky Crow B&B.

Stephanie, unsere fesche Gastgeberin, zeigte uns den Hausanbau, welchen wir komplett für uns alleine nutzen konnten. Voll ausgestattete Küche, ein gefüllter Kühlschrank, vier Schlafzimmer, Wohnzimmer, Waschmaschine, Schuhtrockner, kurzum es war alles da. Zur Seite standen uns zudem ein grosser Rhodesian Ridgeback Rüde und der breitschultrige Ehemann, ein Navy Seal und Irak Veteran. Für das leibliche Wohl und die persönliche Sicherheit war also bestens gesorgt.

Link Cranky Crow B&B
Link Cranky Crow B&B

Eine nette Episode war, als Rolando den beiden Novizen Jochen und Mazzo die Funktion des Bärensprays erläutern wollte. Sicherung weg, die Hand blöde abgerutscht und eine kleine Rauchwolke des braunen Teufelszeugs entwich mitten in der Küche. Die Flüche der beiden Österreicher, die hustend und mit roten Augen ins Freie stürmten, möchte ich hier lieber nicht wiedergeben, das Wort “Oasch“ kam auf alle Fälle in sehr vielen Kombinationen vor. Angesichts der militärischen Vorgeschichte unseres Gastgebers wurde uns zwar etwas mulmig, aber eine 10-stündige Lüftungsaktion hat letztendlich sämtliche Spuren beseitigt.